Ein Interview mit Sandro Götz.

 

Von: Ines Michel

 

Sandro Götz amtet seit März 2020 als Präsident des See-Clubs. Ich treffe den zurückhaltenden Maschinenbauer an einem kalten Mittwochabend bei sich zu Hause. Die Wohnung unweit des See-Clubs duftet nach frisch gebackenem Kuchen. „So riecht es bei uns häufig“, sagt Sandro und schmunzelt. Seine Frau ist für den feinen Geschmack zuständig, sie backt beruflich.  

 

Sandro, wie bist du zu deinem Amt gekommen? Angefragt wurde ich von Sämi Annen. Dazumal hatte man  niemanden für das Amt des Präsidenten gefunden. Es gab sogar eine Findungskommission und auch diese hat keinen Kandidaten für das Amt hervorgebracht. Sämi ist auf die Idee gekommen, anstatt nur die Position des Präsidenten neu zu besetzen, vier von sieben Vorstandspositionen auszutauschen. Wir waren damals ein paar Leute, die sich von früher kannten und wir wussten, wir funktionieren zusammen.  

 

Das klingt nach einem unpopulären Vorschlag. War das nicht problematisch? Eine Kampfwahl in dem Sinn hat es nicht gegeben. Wir haben den Vorschlag, vier von sieben Positionen zu ersetzen, zu viert erarbeitet und sind damit dann auf den ehemaligen Vorstand zugegangen. Es gab ein oder zwei gemeinsame Treffen, wo wir uns austauschten. Eine grössere Auseinandersetzung hat es nicht gegeben.  

 

Was hat euch angetrieben? Es gab zwei Hauptgründe. Der SCZ hat mir viel gegeben. Ich habe mit 14 Jahren mit dem Rudern angefangen. Mit 18 Jahren bin ich dann nach Zürich und habe mich aufs Studium konzentriert. Aber diese vier Jahre haben mich geprägt. Ich habe auch heute noch viele gute Kollegen aus dem See-Club. Ich wollte dem Club einfach etwas zurückgeben. Den anderen erging es ähnlich. Und zum zweiten waren wir hungrig und wollten damals etwas bewegen und frischen Wind in den Club bringen.  

 

Was wolltet ihr bewegen? Die ersten zwei Jahre waren aufgrund der Covid-Pandemie holprig. Das hat uns aber auch die Zeit gegeben, ein bisschen „auszumisten“. Wir haben diverse Prozesse digitalisiert und angepasst. Uns war wichtig, dass im Notfall jedes Vorstandsmitglied Zugriff auf  relevante Informationen hat, dass Aufgaben im Notfall auch personenunabhängig erledigt werden können.  

 

Und weiter? In den Jahren  bevor wir das Amt angetreten haben, ist der SCZ ausserdem stark gewachsen. Es gab immer mehr Mitglieder, mehr Stellenprozente im Trainerbereich, ein neues Bootshaus. Der Club hat sich zu einem rechten Unternehmen entwickelt. Wir waren der Meinung, dass dieses schnelle Wachstum dem Club nicht nur gutgetan hat.  

Neben Engpässen im Bereich der Infrastruktur war die Integration von neuen Mitgliedern eine riesige Herausforderung. Wenn man es nicht schafft,  neue Mitglieder zu  integrieren,  springen diese wieder ab. Es gibt viel Fluktuation und unsere Befürchtung war, dass der Club irgendwann keine richtige  Seele mehr hat. Wir haben deswegen auch angefangen mit den Ruderkursen, um neue Mitglieder   besser einzubinden. Wir wollten den See-Club ein bisschen streamlinen und auf stabile Beine stellen.  

 

Was sind für dich dabei die grössten Herausforderungen? Das sind wahrscheinlich Pro- bleme, die alle Vereine in der Schweiz haben: Mitglieder finden, die sich ehrenamtlich engagieren. Es hat keine Wirkung, wenn ich mich an der GV mit einem Megafon hinstelle und alle Anwesenden auffordere, sich ehrenamtlich zu engagieren. Die Personen, die wir wirklich erreichen müssen, kommen meist gar nicht zur GV.  

 

Aber engagierte Mitglieder gibt es. Richtig, unser Club hat doch eine beträchtliche Anzahl an aktiven Mitgliedern. Jene, die etwas bewegen und anreissen, sind aber immer die gleichen Nasen. Ausserdem ist bei einigen Mitgliedern der   Konsumgedanke stark ausgeprägt – schliesslich zahlt man ja Mitgliederbeiträge. Das ist wahrscheinlich ein gesellschaftliches Problem. Wir haben leider keine pfannenfertige Lösung dafür.  

 

Warum engagieren sich vergleichsweise wenige Mitglieder ehrenamtlich? In diesem Zusammenhang ist die Wertschätzung sicherlich ein Hauptthema. Und die Kulturfrage.  Damit es eine Wertschätzung gibt, muss die Arbeit auch wahrgenommen werden. Ein einfaches Beispiel: Solange der Mülleimer leer ist, fällt er niemandem auf. Wehe aber er ist voll, dann geht das Gemeckere los.  

 

Ausserdem die Anonymität im Verein… Richtig. Wir merken das zum Beispiel an der zunehmenden Anzahl von Bootsschäden. Meistens ist es niemand gewesen. Das hat auch mit Wertschätzung zu tun, und zwar gegenüber dem   Material. Und da kommen wir wieder zum Konsumgedanken zurück, den leider in der heutigen Zeit viele Menschen mit sich tragen.  

 

Es gibt Beispiele von anderen Ruderclubs, wo Mitglieder nicht in der Anonymität versinken können, sondern sich langfristig am aktiven Clubleben beteiligen müssen. Wäre das nicht ein denkbarer Ansatz für den SCZ? Wenn wir über Anonymität reden, dann ist das vor allem ein Thema bei der Neuaufnahme von Breitensportmitgliedern. Es wäre zum Beispiel vorstellbar, dass sich potenzielle Neumitglieder an der GV präsentieren müssen. Das wäre eine zusätzliche Schwelle zum Ruderkurs und man könnte nicht so einfach  unter dem Radar bleiben. Denkbar wäre auch ein System mit Bürgen, wie es zum Beispiel der Segelclub in Cham macht. Aber das ist alles noch nicht spruchreif, wir sind uns aber der Herausforderung bewusst.  

Bei den  Junioren möchten wir keine Limitation. Aus der Erfahrung ist es ausserdem so, dass diese Sportler auch langfristig mit dem See-Club  verbunden sind.  

 

Du sprichst die Junior*innen als langfristige Mitglieder und potenzielle Ehrenamtliche von morgen an. Studiert man alte Resultatlisten allerdings genauer, sucht man diese Mit- glieder im SCZ heute vergeblich. Der Mechanismus ist logisch: Irgendwann beginnt der nächste Lebensabschnitt und die jungen Erwachsenen ziehen sich aus dem aktiven Trainingsbetrieb zurück. Was unternimmt der SCZ, diese Sportler langfristig im Verein zu halten? Ich möchte hier  gerne ein bisschen ausholen. Im SCZ gab es lange Zeit nur Regattierende, die ganz klassischen Wanderruderer und eine Handvoll angefressener älterer Regattierender.  

Dann kam die Zeit der Professionalisierung im Club. Die Impulse, welche Stefan Wiget setzte, haben gewirkt und unser Juniorenkader ist immer erfolgreicher geworden. Der Fokus lag klar auf dem Leistungssport. Der Breitensport ist immer aktiver geworden und mitgewachsen. Heute gibt es  einige ambitionierte Breitensportler. Status quo fehlt ein Gefäss, wo wir diese ambitionierten Breitensportler abholen können. Und die ehemaligen Regattierenden, welche sonst verloren gehen würden.  

 

Wäre es eine Idee, dieses    Gefäss nach den Grundsätzen der „Team Vintage  Methode“ aufzubauen? Schliesslich finden sich im Team Vintage auch ambitionierte Breitensportler zusammen und das Konzept funktioniert offen-   sichtlich hervorragend … Genau, das könnte ein guter Ansatz sein. Ich denke kurz- bzw. mittelfristig müssen wir uns zwingend eine Lösung einfallen lassen. Idealerweise würden wir einen Coach finden, welcher diese Sportler abholt, das     ganze   koordiniert, vor jedem Training die Bootszuteilung nach Leistungsvermögen macht und die Trainings begleitet sowie direktes Feedback auf dem Wasser gibt. Und das ohne Diskussion. Wir möchten dieses Commitment zum Breitensport auch geben können.

 

Es gibt immer wieder Vor- würfe von Mitgliedern, dass der Breitensport im SCZ zu wenig wahrgenommen wird. Wie stellst du dich dazu? Das ist schon nachvollziehbar, denn der Fokus beim SCZ liegt im Bereich Leistungssport. Wir  möchten uns als leistungsorientierter Verein positionieren, sportliche Erfolge erzielen und uns dadurch so gut es geht in der Schweizer Ruderszene präsentieren. Daher gehen die meisten finanziellen Mittel in den Bereich Leistungssport.  

Der Breitensport ist aber auch extrem wichtig, vor allem für die Seele des Vereins. Diese Breitensportseele bringt Leben in den Club und durch einen funktionierenden Breitensport ist der Verein in der Lage, neue Mitglieder zu integrieren.  

 

Wo siehst du den SCZ in 5 Jahren? Sportlich möchten wir uns – wie heute – unter den Top 5 bei den Vereinen platzieren. Die Trainingsverhältnisse sollen weiterhin auf einer stabilen Basis stehen. 

Im Breitensport möchten wir ein Gefäss etablieren, um die ambitionierten Breitensportler abzuholen. Heute ist es so, dass du entweder Leistungssportler, ehemaliger Leistungssportler oder Breitensportler bist. Da muss es eine Durchmischung geben, wo sich Ruderer finden können, die Ambitionen haben.  

Im Clubleben sollte der See-Club auch weiterhin einen Namen in der Schweizer Ruderszene haben. Wir möchten auch in den kommenden  Jahren einige Kadermitglieder stellen können und die Regatta in Lauerz sowie die Swiss Rowing Indoors organisieren.  

 

Wie arbeitet ihr im Vorstand eigentlich zusammen? Das ist top secret. Nein, natürlich nicht.  Wir haben zum Beispiel einen WhatsApp Chat, wo wir uns regelmässig austauschen. Dann treffen wir uns grundsätzlich am ersten Dienstag im Monat zur Vorstandssitzung im See-Club.  

Traktanden oder Anliegen, auch von Mitgliedern, können gerne eingereicht werden. Wenn es heikle oder komplexe Angelegenheit sind, dann laden wir das Mitglied auch gerne direkt zur Vorstandssitzung ein. So können Anliegen persönlich vorgetragen werden.  

Wir sind grundsätzlich offen für Projekte und Ideen. Es gibt im Vorstand aber auch Meinungsverschiedenheiten. Diese diskutieren wir dann und bis jetzt haben wir uns noch immer gefunden.  

 

Was macht der Präsident eigentlich genau? Aperölen natürlich (Sandro lacht). Ich bin oftmals in repräsentativer      Mission unterwegs. Zum Beispiel bin ich zu diversen Veranstaltungen vom Verband eingeladen und vertrete die Interessen des SCZ. Dazu kommen durchs Jahr die See-Club-Vorstandssitzungen.  

Zweimal pro Jahr wird vom Verband zur Präsidentenkonferenz eingeladen. Das ist ein Anlass, bei dem man sich informell austauscht.  

Ebenfalls versuche ich bei den wichtigsten Wettkämpfen vor Ort zu sein.  

Dazu kommen noch administrative Aufgaben. Zum Beispiel kümmere ich mich zusammen mit dem Kassier um Versicherungsthemen, stehe bei der Revision unterstützend zur Verfügung und versuche, das Thema Sponsoring voranzu- treiben.  

Dann gilt es einmal im Jahr noch unsere GV vorzubereiten. Da ist auch immer einiges zu tun, vom Erstellen der Präsentationen bis zum Vorbereiten von Ehrungen. Und dann kommen immer mal wieder aktuelle Themen hinzu. Zum Beispiel muss die Konzession betreffend der Nutzung des Zugersees in der nächsten Zeit erneuert werden. Da bin ich natürlich auch engagiert.  

 

Was war dein schönstes Erlebnis als Präsident? Das war ganz klar meine erste „richtige“ GV. Für die GV 2020 wurden aufgrund von Covid nur Fragebögen verschickt, die GV 2021 wurde digital abgehalten und bei der GV 2022 war ich mit Covid ausser Gefecht gesetzt. 2023 war dann für mich die erste richtige GV, wo ich auch persönlich bei unseren Mitgliedern sein    konnte. Da war ich schon ein wenig nervös. Nach der GV mit den Mitgliedern noch etwas zu  trinken, sich auszutauschen und die gleiche Verbundenheit zum Club zu spüren, das fand ich mega schön.