Row House - Feel the Beauty of your Stroke

Von: Bruno Stieger

Unsere Frühlingsferien führten uns dieses Jahr wieder einmal in die Vereinigten Staaten, genauer nach Sarasota, im Süd-westen von Florida. Das sonnige Sarasota ist im Frühjahr die Heimat von gleich drei Major League Baseballteams: den Baltimore Orioles, den Atlanta Braves und den  Pittsburgh Pirates. Weniger bekannt ist Sarasota als Heimat der Ruderer. Der Nathan Benderson Park ist ein knapp 250 Hektar grosser Park mit  einer 2000 Meter Ruderstrecke, welche 2017 als Austragungsort der Ruder Weltmeisterschaften zum ersten Mal auch dem europäischen Publikum bekannt wurde. Jedes Jahr wird der Park von den Ruderteams der bekannten amerikanischen Oststaatenuniversitäten als Trainingsort intensiv genutzt.

Da inzwischen auch Ines zur begeisterten Ruderin geworden ist, wollten wir natürlich zumindest einmal beim Nathan Benderson Park vorbeifahren und schauen, ob jemand am Trainieren ist. Ich selbst hatte natürlich mehr die University Town Center Mall im Kopf, ein neues Quartier neben dem   Ruderpark, welches über die  letzten Jahre aus dem Boden gestampft wurde. Bei Sonnenschein und knapp 30 Grad Wärme war mir mehr nach klimatisierter Shopping Mall als nach Rudern. Unsere Aufmerksamkeit weckte ein attraktiver New Balance Store gegenüber der Mall und wir parkten den Wagen vor dem Geschäft. Nach dem Ausstei-gen sahen wir jedoch ein anderes Schild, welches unser Interesse noch mehr weckte. “Row House“ stand in grossen, gelben Lettern über dem Eingang eines schmalen Lokals geschrieben. „Da gibt es sicher tolle Ruderbekleidung und du könntest dann deine alten 20 jährigen Ruderklamotten durch attraktivere ersetzen,” meinte Ines. Also gingen wir in dieses Lokal. Es hatte zwar einige wenige Kleiderständer mit T-Shirts, aber sonst war da nichts mit Bekleidung. Das Lokal hatte eine grosse Empfangstheke und dahinter  einen langgezogenen, schwarz gestrichenen, abgedunkelter Raum in dem rund 25 Ruderergometer standen.  

Schnell kam ich mit Ruben, der mit seiner italienischen Frau Roberta das Fitnessstudio besitzt, ins Gespräch: Row House (www.therowhouse.com) ist ein Boutique-Fitnesskonzept, welches 2014 durch die Eheleute Eric von Frohlich und Debra Strougho in New York City entworfen wurde. Auf der Suche nach einem Workout, das zwei Personen mit unterschiedlichem Fitnessniveau gemeinsam absolvieren können, entwickelten sie ein Rudertraining, das Menschen mit unterschiedlichen Formen, Grössen und Fähigkeiten ein effizientes und effektives Training ermöglicht. Inzwischen gibt es Row House an ca. 100 Standorten in den USA und Kanada und Ruben ist einer der Franchisenehmer.

Auf jeden Fall gelang es Roberta, Ines und mich zu überzeugen, am nächsten Tag an einem dieser Boutique-Trainings teilzunehmen. Wir bezahlten die 25.00 USD Kursgeld pro Person, unterzeichneten je 2 Haftungsausschlusserklärungen und waren gebucht für die letzten 2 Plätze, welche für die 9:30 Uhr Lektion am kommenden Tag erhältlich waren. Roberta erwähnte, dass dieser Kurs durch Colleen, die beliebteste Coachin, durchgeführt werde und deshalb so gut besucht sei.  

Rechtzeitig, bereits um 09:15 Uhr erschienen wir im Row House. Auf einem Bildschirm am Empfang wurden Ines` und mein Name angezeigt und so wussten wir, auf welche Ergometer wir uns zu setzen hatten: Sie standen ganz in der rechten Ecke der vorderen Reihe. Fein säuberlich war links vom Ergometer eine Plastikbox für die persönlichen Effekten aufgestellt und auf dem Ergometer-sitz lag ein aufgerolltes Handtuch - perfekt. Mich erinnerte der Raum an einen überdimensionierten Kühlschrank, schwarz, fensterlos und mit Discobeleuchtung. Der Ergometer des Coaches stand erhöht auf einem Podest.     Rechts neben dem Ergometer war das Bedienpult der Sound- und Lichtanlage. Die anderen Kursbesucher waren vorwiegend weiblich unterschied- lichen Alters und entsprachen sehr wohl dem Anspruch, welcher das Gründerehepaar im Kopf hatte; ein Workout für Personen mit unterschiedlichem Fitnessniveau.  

Zum Glück sah sie in der Dunkelheit nicht, dass ich arg leiden musste. 

Ines und ich wurden speziell als die Pro’s aus dem Ausland mit einem Jubelgeschrei der Coachin und der anderen Teilnehmer begrüsst und dann ging es los: ein lockeres Einrudern, untermalt mit satten Beats. Das Training selbst bestand aus 3 Blöcken Rudern à je 8-10 Minuten. Die Ruderblöcke wurden durch Kraftübungen mit leichten Gewichten oder Körpergewicht unterbrochen. Ein Ruderblock bestand zum Beispiel aus 3 x 90 sec. Sprints, unterbrochen durch eine kurze Pause. Für die Motivation der Teilnehmer war die Coachin besorgt, sei dies durch lauten Sound, noch mehr Licht-show oder durch permanentes Anfeuern: “Close your eyes, feel your body and the beauty of your stroke, get the best out of you, this will be your sprint of the day”. Kein Schlag blieb unkommentiert. So verlor auch der Kühlschrank seine Kälte und der Schweiss lief in Stömen - zumindest bei mir. Ich war dann ganz froh, als die 45 Minuten vorbei waren. Ich war recht müde aber erhielt von der Coachin ein Kompliment über den Power in meinen Schlägen. Zum Glück sah sie in der Dunkelheit nicht, dass ich arg leiden musste. 5 Minuten nach Trainingsende lag ein «Workout Summary» in meinem Post- fach. «Great first class!» “You rowed 9005 meters.” Im weiteren zeigte es die beste und die durchschnittliche 500m Zeit sowie einige Lifetime Stats.

Mein Fazit dieser Trainingsstunde: Ich kann gut verstehen, dass Menschen die aus meiner Sicht fast etwas aufdringliche Motivation eines Coaches lieben. Ich mag es etwas leiser, mit Tageslicht und ohne Discobeleuchtung. Mit einem Rudertraining, wie wir es kennen, hat es nur sehr wenig zu tun. Mit langen Schlägen und Power im Schlag verhungerst du bei den Schlagzahlen, welche der Coach und seine Musik vorgeben.  

Aber das Training erfüllt zu 100% das Versprechen des Gründerehepaars: Ein Training, das Personen mit unterschiedlichem Fitnessniveau, unterschiedlichen Formen, Grössen und Fähigkeiten gemeinsam absolvieren können. Aus meiner Sicht ist Row House mindestens so attraktiv und effektiver wie jedes Spinning Training, welches üblicherweise in unseren Fitnesscentern angeboten wird.